Als ich einhundertundvier Jahre alt war, schloss ich friedlich die Augen und entglitt der Welt mit einem Lächeln auf den Lippen. Ich wusste, ich würde zurückkehren. Besser noch: Ich würde als Buch zurückkehren. Und so begann die wohl spannendste Reise unserer Leben.

Der Tod fühlte sich merkwürdig vertraut an, wie im Traum, aber dumpfer. Und gleichzeitig voller, lebendiger. Ich hatte sämtliche Orientierung verloren und trudelte umher, bis mir ganz schwindelig wurde. Von überall her kamen Arme und griffen nach mir, um mich anzuhalten – und schließlich nur noch zu halten. Ich hatte Tränen in den Augen, oder mir war nach Weinen zumute in meinem Nicht-Körper. Ich spürte deutlich wie in einem luziden Traum mein körperloses Dasein, das gleichzeitig noch ganz durchtränkt vom Menschsein war. Den schweren, müden Erdenkörper ließ ich gerne zurück, denn nun war ich wieder frei und leicht, mit ganz viel Liebe aus dem gerade vollendeten Leben im Gepäck. Und doch vermisste ich mit schmerzhafter Gewissheit direkt das Vehikel für die vielen intensiven Momente, die einmaligen Abenteuer, die sinnesreichen Erlebnisse auf dem blaugrünen Planeten. Ich vermisste die Menschen. Auch wenn viele bereits vor mir gegangen waren, alle Verbindungen lösten sich auf und wichen einem lichtdurchfluteten, warmen, wohligen Seinszustand. Dieses Leben war nun für immer vorbei.
Ich musste langsam wieder den Blick öffnen, die irdischen Fokussierungen aufweichen und mein Herz noch mehr weiten. Mein Energiefeld dehnte sich aus und aus und aus, bis ich die kleine Erde in mir fühlte, ja in mir trug, das geschäftige Kribbeln spürte und schließlich die warme Sonne meinen – inzwischen metaphorischen – kleinen Zeh berührte. Der Feuerball tanzte auf mir, oder ich mit ihm, wer wusste es schon. Ich wusste nur noch, dass es kein wer mehr gab, nicht mehr für mich.
So ein schönes Gefühl, mich endlich wieder ganz strecken zu können. Keine Kleinheit mehr, kein Kleinsein mehr. Nur noch Weite, Leichtigkeit und dabei dichte Gewissheit und pulsierende Emotionen.
Ich erinnerte mich wieder mit schneidender Gewissheit meiner noch inkarnierten Seelenfamilie und schickte einen Gruß an Kinder, Enkelkinder sowie Urenkel. Ich wusste, einige von ihnen waren empfänglicher als andere, aber da die Zeit inzwischen frei floss, würde jeder und jede von ihnen seine Zeichen im genau richtigen Moment erhalten.
Ich schickte die Grüße mit meiner letzten menschlichen Energie, aus meiner metaphysischen Nachnabelschnur, ins Erdenfeld in die Menschenleben hinein – und ließ dann los.

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